Gründe trotzdem mal über den Tellerrand zu schauen:
Personalbeschaffung im Ausland

International Employer Branding betrifft nicht nur international agierende Unternehmen. Auch für Unternehmen mit Sitz in Deutschland kann es interessant sein, Mitarbeiter im Ausland anzuwerben.

Konnten Firmen früher aus einem gut gefüllten Portfolio aus Fachkräften wählen, herrscht heute beim Angebot an geeigneten Kandidaten gähnende Leere in vielen Regionen Deutschlands. Mehr als 60 Prozent der Unternehmen sehen im Fachkräftemangel eine Gefahr für ihre Geschäftsentwicklung.  Berge an Arbeit – aber wer soll sie erledigen? Das Anwerben von Mitarbeitern aus dem Ausland ist eine mögliche Strategie, seinen Fachkräftebedarf zu decken. Im Vergleich zum Recruiting im Inland stellt das Auslandsrecruiting allerdings einen vergleichsweisen größeren Aufwand dar und bringt einige Hürden mit sich, die es sich aber zu überwinden lohnt. Lesen Sie hier, welche Hindernisse sich Ihnen dabei in den Weg stellen, warum Sie sich ihnen dennoch annehmen sollten und mit welchen Methoden Sie diese überwinden können.

 

Was kommt auf uns als Unternehmen zu?

Das Auslandsrecruiting birgt nicht nur bürokratische Herausforderungen, auch andere Faktoren erschweren die Suche von Personal im ausländischen Markt. Für ein möglichst erfolgreiches Recruiting muss sich ein Unternehmen zunächst einmal im ausländischen Personalmarkt positionieren und etablieren. Dabei muss die Positionierungsstrategie dem Zielland angepasst werden. Ein geeignetes Zielland muss allerdings erstmal sorgfältig ausgesucht werden, denn nicht jedes Land ist geeignet für Ihren persönlichen Fachkräftebedarf. Ein anderes

 

Warum Sie es dennoch wagen sollten?

Der Fachkräftebedarf stellt eine große Herausforderung für die kommenden Jahrzehnte dar. Es ist demnach entscheidend, schon heute zu reagieren und eine solide Fachkräftebasis aufzubauen, um die zukünftigen Anforderungen stemmen zu können. Ein Blick über den Tellerrand hinaus ins Ausland kann helfen.

Außerdem wird es immer unkomplizierter, Fachkräfte aus dem Ausland einzustellen. Am 1. März 2020 soll das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft treten. Es ermöglicht Fachkräften mit qualifizierter Berufsausbildung aus Staaten außerhalb der Europäischen Union künftig leichter nach Deutschland einzuwandern.

Doch das Recruiting im Ausland hat auch andere Vorteile:

Das Diversity Management gilt heute als Erfolgsfaktor. Ausländische Anwerber bringen neue Denk- und Sichtweisen mit und bereichern damit Ihr Unternehmen. Das Einstellen ausländischer Mitarbeiter fördert die Vielfältigkeit der Belegschaft und bringt neue ungewohnte Herangehensweisen mit sich. Dies kann die Produktivität Ihres Unternehmens erhöhen und den Weg für Innovationen ebnen.

Wenn ausländische Fachkräfte auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine Chance bekommen wollen, wird ein hoher Einsatz erwartet. Das ist ihnen bewusst. Sie lassen ihr Leben in ihrem Heimatland zurück, um einen neuen beruflichen, aber auch privaten Lebensabschnitt in einem ihnen unbekannten Land einzuschlagen. Sie setzen also viel aufs Spiel. Somit zeichnen sie sich durch einen hohen Grad an Motivation und Belastbarkeit aus und werden vollen Einsatz zeigen.

Außerdem besitzen sie sprachliche und kulturelle Kenntnisse, die einheimischen Mitarbeitern oftmals fehlen. Ggf. können sie dabei helfen, neue Märkte und Kundengruppen zu erschließen.

Insgesamt fördert die Rekrutierung und Integration ausländischer Fachkräfte Ihr Image als weltoffener und toleranter Global Player. Sie können Ihre Unternehmensstruktur als zeitgemäß präsentieren und Ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern.

 

Wie gehen Sie dieses Projekt an?

1. International Employer Branding

Zu einem erfolgreichen Auslandsrecruiting gehört ein gut durchdachtes International Employer Branding. Die Positionierung als attraktive Arbeitgebermarke auf dem hartumkämpften internationalen Markt. Durch den immer größer werdenden Fachkräftemangel mündet die Suche nach geeignetem Personal inzwischen in einem „war for talents“. Die Etablierung eines Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber ist also wichtiger denn je. Dieses gelingt durch die Umsetzung der folgenden vier Punkte. Dabei sollte stehts die Kernbotschaft der Kampagne im Blickfeld stehen. Was macht Sie als Arbeitgeber einzigartig?

2. Wahl des Ziellandes

Folgende Fragen sollten Sie sich dabei stellen: Wie sieht meine Zielgruppe aus? Wo finde ich besonders viele und besonders gut geeignete Fachkräfte? Welche kulturellen Unterschiede sind besonders hinderlich für eine gute Zusammenarbeit? Welche sind besonders hilfreich? Einige Länder werden für Ihren persönlichen Fachkräftebedarf geeigneter sein als andere. Dies unterscheidet sich je nach ausgeschriebener Stelle und Unternehmenskultur.

3. Analyse des Ziellandes

Andere Länder, andere Sitten! Das IEB setzt eine Analyse verschiedener Faktoren im Zielland voraus. Ein anderes Kultur- und Wertesystem bedingt andere Bedürfnisse und Ansprüche der potentiellen ausländischen Bewerber. Diesen muss man gerecht werden. Dennoch muss das IEB im Einklang mit der bestehenden Unternehmensphilosophie sein.

Zur Analyse der einflussreichen Umweltfaktoren im Zielland kann eine sogenannte PESTEL-Analyse vorgenommen werden. Dabei werden politische (Political), ökonomische (Economical), sozio-kulturelle (Social), technische (Technological), ökologische (Environmental) und rechtliche (Legal) Umweltfaktoren untersucht und deren Einflussstärke abgeschätzt. Eine ausführliche Beschreibung finden Sie hier.

4. Employer Value Proposition

Was können Sie Ihrem potentiellen zukünftigen Arbeitnehmer bieten? Was macht Sie als Arbeitgeber attraktiv? Darum geht es beim Zusammenstellen einer Employer Value Proposition (EVP).

Es empfiehlt sich, eine übergeordnete, allgemein gehaltene EVP zu entwickeln und diese anschließend auf spezielle Mitarbeitergruppen und Zielländer zuzuschneiden. Definieren Sie klar und deutlich, wofür Sie als Arbeitgeber stehen. Bleiben Sie fern von dem Einheitsbrei. Die Untersuchung „Club der Gleichen“ von EMPLOYER Telling und Textkernel[1] zeigt, individuelles Branding gelingt selten. Fokussieren Sie sich auf die Attribute, die Sie aus der Masse an Arbeitgebern herausheben. Dazu gehört nicht nur die Vergütung. Auch Aufstiegsmöglichkeiten, das vorherrschende Arbeitsklima und die Arbeitsumgebung können Anreize sein, Sie als Arbeitgeber zu wählen. Mitarbeiterbefragungen können dabei helfen, die individuellen Vorzüge Ihres Unternehmens herauszustellen.

Wenn Ihnen das gelungen ist, können Sie die Aspekte hervorheben, die für Ihre Zielgruppe im Ausland bedeutsam sein könnten. So gelingt Ihnen ein individuelles Employer Branding, mit dem Sie auf dem internationalen Markt herausstechen.

5. Recruiting-Kanäle

Nutzen Sie verschiedene Kanäle, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren, vor allem Kanäle, die im Zielland üblich und besonders erfolgreich sind. Finden Sie heraus, welche Personalmarketingaktivitäten Ihre Zielgruppe präferiert. Wichtig dabei ist eine zielgruppenorientierte Kommunikation.

6. Bewerbungsprozess

Arbeitszeugnisse, ja oder nein? Bewerbungsfoto? Standardformular in Japan, in Italien ist das Anschreiben 1,5 Seiten lang, in Österreich 4 Seiten, verschiedene Bewerbungszeiten, Referenzchecking in einigen Ländern. In China z.B. ist Bescheidenheit eine wichtige Tugend und ist somit auch in Bewerbungen erwünscht, anders als in Deutschland. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen. Informieren Sie sich über die Bewerbungsstandards in Ihrem Zielland und berücksichtigen Sie diese in Ihrem Bewerbungsprozess, sodass Missverständnisse möglichst vermieden werden.

7. Onboarding

Das Onboarding bringt viele Hürden mit sich, bei denen Sie Ihrem neuen Mitarbeiter Hilfestellungen bieten können. Dazu gehört zunächst einmal die Unterstützung bei der bürokratischen Arbeit, die das Auswandern mit sich bringt, wie das Anerkennungsverfahren ausländischer Qualifikationen oder das Erlangen des Aufenthalttitels. Außerdem sollten Sie Ihrem neuen Mitarbeiter diverse Informationen zum Leben in Deutschland bereitstellen, z.B. in Form einer Willkommensmappe, in der die wichtigsten Anlaufstellen, Adressen und Telefonnummern zusammengetragen sind.

Sobald Ihr neuer Mitarbeiter in Deutschland ist, gilt es Sprachbarrieren zu überwinden. Sie können ihm dafür z.B. finanzielle Unterstützung bei Belegung eines Sprachkurses anbieten. Das Erlernen der deutschen Sprache hilft nicht nur bei der Integration in das neue Leben, sondern auch in das neue Team.

Außerdem können Sie die soziale Integration im Team z.B. durch Bereitstellung eines Mentors oder durch das Fördern von Teamaktivitäten unterstützen. Informieren Sie Ihr Team über den kulturellen Hintergrund des neuen Mitarbeiters und über mögliche Stolpersteine.

Wichtig ist, ihn nicht ins kalte Wasser zu werfen. Durch eine erfolgreiche Eingliederung in das Unternehmen und das neue Leben, können Sie die Fluktuationswahrscheinlichkeit senken und sich letztendlich die Zeit und die Kosten für ein erneutes Recruiting ersparen.

 

Mit der Personalbeschaffung im Ausland werden Sie nicht nur den Fachkräftemangel überwinden, sondern auch das Image und die Produktivität Ihres Unternehmens verbessern. Seien Sie mutig, wagen Sie einen Blick über den Tellerrand hinaus!

 


[1] Böcker, Manfred et al (2016). Club der Gleichen – Edition Stellenanzeigen, 1. Aufl. https://www.textkernel.com/de/club-der-gleichen-edition-stellenanzeigen/

 

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